Narzisstische Gefahren in der Meditation und wie wir ihnen begegnen können

Newsletter #32 vom 06.12.2025

In den Medien fanden sich zuletzt Besorgnis erregende Berichte über seelische Zusammenbrüche bei Teilnehmer*innen von Schweige-Retreats. Bei meinen eigenen Recherchen erfuhr ich von weiteren Fällen, in denen die Betroffenen offenbar schwere seelische Krisen durchlitten und zum Teil mit Beschwerden psychisch dekompensierten, die mich an Panik-Attacken, Erregungszustände und schwere Störungen des Selbsterlebens denken lassen.

Im Fokus der Medienberichte: 10-tätige Seminare einer auf den Lehren von S. N. Goenka basierenden Organisation namens „dhamma“, des welt-größten Anbieters von kostenlosen Vipassana-Retreats nach einem standardisierten Verfahren.

Was war passiert?

Nach Berichten des Podcasts „Seelenfänger“ sowie des Podcasts „11km“ der tagesschau ereigneten sich diese Vorfälle in Folge stundenlanger Meditationen, wie sie in Schweige-Retreats unterschiedlicher Traditionen praktiziert werden. In diesem Fall jedoch berichten die Betroffenen z.B. davon, dass sie nur unzureichend betreut oder gar dazu ermutigt worden seien, weiter zu meditieren, obwohl sie den Betreuer*innen gegenüber bereits über Beschwerden geklagt hätten.

Berichtet wird von Gefühlen der Entfremdung, der Leere, der Einsamkeit, aber auch der drohenden Verschmelzung, der Auflösung von Ich-Grenzen, von angstvollen Vorstellungen der Bezogenheit bis zu Verfolgungsgefühlen, und von körperlichen Gefühlen der Ohnmacht, der Verfremdung des Körpererlebens, der Erregung und der Erschöpfung.

Bei aller Vorsicht hinsichtlich der Einschätzung dieser Berichte glaube ich, dass es einen guten Anlasse dazu bildet, Sie mit meinem Newsletter aus psychiatrischer und psychoanalytischer Sicht differenziert über mögliche Zusammenhänge und Hintergründe zu informieren.

Ich greife in meinem heutigen Newsletter folgende Fragen auf:

  • Woran lässt sich unterscheiden, ob jemand in Gefahr ist, an einer Verschlechterung des seelischen Wohlbefindens während oder nach der Meditation zu leiden, oder von Meditation profitieren kann?
  • Wie kann ein gefahrloserer Weg zur Meditation aussehen, der nicht zur ständigen Gratwanderung mit Absturzgefahr wird?

Es scheint, als gäbe es dabei Ähnlichkeiten mit Heilmitteln zu beachten, die ja auch Wirkungsbeziehungen zwischen Dosis und Art der Anwendung besitzen. Aber auf was genau muss man dabei schauen?

Mit meiner heutigen Perspektive blicke ich auf Meditation als Form der „Beschäftigung mit dem Selbst“ aus Motiven, die wir auch als narzisstische Bedürfnisse bezeichnen. Das sind zentrale Motive, die zu solchen krisenhaften Entwicklungen beitragen können.

In zwei weiteren Folgen werde ich das Thema aus zwei weiteren Perspektiven beleuchten:

  • Meditation zur Vermittlung von Achtsamkeit vs. Meditation als Sammlung/Konzentration – der Unterschied zwischen „Breite“ und „Tiefe“ der Aufmerksamkeit
  • Wie könnte ein „idealer“ Einstieg in die Einsichts- oder Vipassana-Meditation aussehen? Eine persönliche Einschätzung.

Von der Sehnsucht nach All-Verbundenheit zum Wunsch nach Freiheit und Unabhängigkeit

Der Begriff des Selbst steht im Mittelpunkt vieler Gedanken, die wir uns zum Seelenleben machen. Dabei definieren wir das Selbst je nach Hintergrund unterschiedlich.

In der Psychoanalyse bezeichnen wir damit das „Ich“ in Bezug zur Welt. Der Begriff des Selbst umfasst damit also ein „in-der-Welt-sein“ des Ichs und schließt so den Beziehungsaspekt mit ein, der eine zentrale Rolle unseres Menschseins bestimmt.

„Ich“ und „Selbst“ sind also miteinander verwandt, aber nicht deckungsgleich.

Nun durchlaufen wir alle in unserer Lebensgeschichte verschiedene Entwicklungsphasen unseres Selbst. Das geht von der anfänglichen Abhängigkeit des Säuglings von der Mutter und der Fürsorge primärer Bezugspersonen bis zur Lösung aus dem Elternhaus mit Entwicklung eines individuellen Lebensentwurfs und der „Selbstverwirklichung“.

Unser Selbstwertgefühl hängt dabei von unseren Beziehungserfahrungen ab, die wir nach psychoanalytischer Vorstellung so verinnerlichen, dass sich daraus unsere Persönlichkeit entwickelt.

Gelingt diese Entwicklung durch mangelhafte oder gar negative Zuwendung oder eine zu besitzergreifende Beelterung nicht ausreichend, d.h. können wir keine ausreichend guten Beziehungserfahrungen verinnerlichen, kann das zu Selbstwertstörungen führen, die sich in den Symptomen verschiedener seelischer Störungen äußern.

Das Selbst spielt nun für unser Thema in sofern eine besondere Rolle, als Meditation ein Vorgehen bezeichnet, mit dem wir uns „auf uns selbst“ und „in der Welt“ ausrichten. Sei es, dass wir uns zurückziehen, um abgeschieden und alleine für uns zu meditieren, oder auch mit anderen Menschen nach einer vereinbarten Meditationsform gemeinsam zu praktizieren.

Dabei kann Meditation auch geübt werden, um Anerkennung und Wertschätzung zu erfahren und eine Verbesserung des Selbstwertgefühls zu erreichen. Wir nennen diese Bedürfnisse narzisstisch, was sie nicht grundsätzlich negativ oder krankhaft bewertet, sondern je nach Ausprägung einen wichtigen oder eben hinderlichen Anteil unseres Selbsterlebens bilden kann.

Alles oder nichts – die duale Orientierung des Narzissmus

Lou Andreas-Salomé, eine enge Vertraute Sigmund Freuds, sprach von der besonderen Neigung narzisstischer Bedürfnisse, sich zwischen den beiden Extremen der Individualität bzw. Einzigartigkeit und dem Sehnen nach Verschmelzung und Identifikation zu bewegen.

Je nach Reifezustand unseres Selbst verfügen wir über unterschiedliche Mechanismen, um uns in einer guten Balance zwischen diesen Extremen zu halten, die lediglich phasenweise verlassen wird. Wir fühlen uns ausgeglichen, bewältigen Erfolge ebenso wie Misserfolge, ohne dass diese unseren Selbstwert erschüttern oder wir uns davon abhängig fühlen.

Im Falle eines instabilen Selbstgefühls können diese Bedürfnisse jedoch zu einem der beiden Extreme tendieren oder auch zwischen ihnen hin und her pendeln. Dabei erfolgt diese extreme Auslenkung meistens so, dass sie eingebettet ist in ein Selbstbild, das durch die jeweiligen Vorstellungen von sich selbst stabilisiert wird. Jemand fühlt sich großartig durch ein übersteigertes Selbstbild oder in Gesellschaft von Menschen, durch die er sich aufgewertet fühlt. Jemand anderes fühlt sich klein und fragil, ewig bedrückt und bedroht, zieht sich zurück und isoliert sich gegen vermeintliche Angriffe oder Gefahren von außen, die jedoch oft der Ausdruck von Projektionen eigener Selbstzweifel sind.

Solche Selbstbilder können große Auswirkungen darauf haben, wie wir über uns nachdenken können und auch die meditative Erfahrung bewerten, sobald es zu Veränderungen und Verunsicherungen im Selbsterleben kommt.

Die beobachtende Ich-Spaltung als Voraussetzung meditativer Erfahrung

In der Meditation erforschen wir Aspekte unseres Selbst, die uns entweder in der Begegnung mit einem äußeren Objekt beschäftigen, wie bei der Betrachtung eines Bildes, dem Klang einer Musik oder der Stimme eines Meditationslehrers in der Anleitung, oder in der „Innenschau“ unserer Gefühle, Gedanken oder Körperempfindungen.

Um in dieser Weise meditieren zu können, benötigen wir die Fähigkeit zur vorübergehenden Aufteilung unseres Ichs bzw. Selbst in einen beobachtenden und einen beobachteten Teil. Wir bezeichnen diese als Selbstreflexivität bzw. Introspektionsfähigkeit, wenn wir in uns einen hypothetischen inneren Raum bzw. eine Welt der Vorstellungen, Motive und Gefühle erkennen und über sie nachdenken können.

Beide Fähigkeiten sind ein Charakteristikum des Menschseins, über das wir jedoch in unterschiedlicher Ausprägung verfügen.

Beide gelten als ein Ausdruck seelischer Reife.

Störungen der Selbst-Entwicklung können dazu beitragen, dass wir uns nur unzureichend dazu in der Lage fühlen, und rascher verunsichert oder mit Angst oder anderen, zum Teil heftigen Gefühlen reagieren.

Um diese Fähigkeiten der Introspektion und Selbstreflexion nun im Rahmen einer Meditation einsetzen zu können, bedienen sich verschiedene Meditationsformen unterschiedlicher Vorgehensweisen. Ich beschreibe hier die der ​Vipassana- oder Einsichts-Meditation​, über die ich auch in meinem vorletzten Newsletter ausführlicher geschrieben habe.

Vipassana orientiert sich an der Anleitung des Satipaṭṭhāna Sutta, einer frühen Lehrrede des Buddhismus, in der die Grundlagen der Achtsamkeit beschrieben werden. Im Grunde handelt es sich um eine sehr detaillierte Meditationsanleitung, die günstige Voraussetzungen für die Entwicklung unseres Bewusstseins schaffen soll.

Grundlegende Voraussetzungen der Vipassana-Meditation und ihre Gefahren für das Selbst

Verzicht auf Beurteilung – Verlust der Halt gebenden Funktionen des Selbstkonzepts

Die einschränkende Anweisung der bewertungsfreien Annahme des Wahrgenommenen soll eine erforschende Haltung fördern. Wer sich jedoch darauf angewiesen fühlt, „alles“ und „ständig“ zu beurteilen, weil er oder sie sonst an Selbstunsicherheit leidet, wird dadurch eher die Angst vor Orientierungslosigkeit empfinden als jemand, der oder die sich davon unabhängig fühlt.

Aufgabe der Unterscheidung von Innen und Außen – Verlust der stabilisierenden Grenzen

Die Unterscheidung von Innen und Aussen ist eine wichtige seelische Funktion der Reifung. Die Ich-Grenzen und die Unterscheidung von Selbst und Objekt werden als Voraussetzung für die Bildung einer Identität angesehen. In der Vipassana-Meditation werden Aufmerksamkeitsübungen so eingesetzt, dass es letztlich nach einiger Erfahrung möglich ist, die Verbundenheit aller wahrnehmbarer Erscheinungen innen und außen in den Vordergrund zu stellen und als solche so wahrzunehmen, dass eine Unterscheidung aufgegeben werden kann.

Das kann bei einer entwicklungsbedingten Unsicherheit der Differenzierung zwischen Selbst und Umwelt zu Bedrohungsgefühlen führen, wenn diese Unschärfe als eher unangenehm empfunden wird, oder ein Gefühl der Ausdehnung der Grenzen des Selbst bis zu ihrer Auflösung, einer All-Verbundenheit, die ebenfalls zu einer seelischen „Entgleisung“ mit der Ausbildung eines Größen-Selbst führen kann.

Nur das synthetisierende und das beobachtende Ich werden zugelassen – Verlust von Abwehrfunktionen des Ichs

Das Ich als strukturbildende Instanz hat in der Persönlichkeitsentwicklung zwei Funktionen. Neben der Herausbildung des Selbst in der offenen und zugewandten Begegnung mit der Welt bietet das Ich auch die Funktion der Abgrenzung und des Schutzes in eben diesen Beziehungen.

Diese Abgrenzung aufzugeben, und sich auf die schützenden Funktionen immer weniger angewiesen zu fühlen, kann in der Vipassana-Meditation für Menschen mit einer schwächeren Schutzfunktion zu Problemen führen, was zum Beispiel als Folge traumatischer Erfahrungen so so gravierend sein kann, dass sie immer wieder unerwartet zusammenbrechen kann.

Viele der Meditationen sind darauf ausgerichtet, sich letztlich dessen bewusst zu werden, dass es ein durch sich selbst definiertes, separates Selbst nicht gibt. Wir sind auf einander angewiesene „Selbste“ und in vielfältiger Weise voneinander abhängig und miteinander verbunden.

Das kann für Menschen mit Verletzungen durch unzuverlässige oder manipulative Beziehungserfahrungen ein großes Problem darstellen. Dieses suchen womöglich im Bewusstseinstraining der Meditation eine Unterstützung in der Ausbildung eines in sich kohärenten und abgegrenzten Selbst, und fühlen sich verunsichert, sobald sie sich durch Achtsamkeitsübungen plötzlich durchlässiger für Außenreize fühlen.

In der Meditation müssen wir nun darauf achten, dass wir für eine ausreichende Schutzfunktion in Form anderer Möglichkeiten des Bewusstseins und der Selbstwahrnehmung achten. Doch wie kann das aussehen?

Genau hier treten wichtige Funktionen der Anleitung und der Selbststeuerung auf den Plan. Ich gehe darauf in der dritten Folge meiner Serie zu den möglichen Gefahren von Meditation noch näher ein.

Hier möchte ich nur erwähnen, dass die Anleitung davon ausgehen muss, dass manche Teilnehmer*innen, besonders solche, die mit nur wenig oder ohne Erfahrung an einem Kurs oder einem Retreat teilnehmen, einer besonderen Unterstützung von aussen und der Anleitung bedürfen, solange die im folgenden beschriebenen Schutzfunktionen sich in ihnen noch nicht ausreichend ausbilden konnten.

Die Entstehung eines innerens Raums als haltender Struktur in der Beobachtung

Einige Absätze zuvor schrieb ich vom inneren Raum, den wir in Verbindung mit den Ich-Funktionen und der Introspektionsfähigkeit bringen. Das Wahrnehmen eines solchen „Innenraums“ kann einen wirksamen Schutz vor seelischer Fragmentierung bieten, wenn wir uns mit zunehmender Tiefe der Meditation in Verfassungen befinden, in denen unsere Wahrnehmungen sehr viel lebendiger und differenzierter werden können, als wir das im Alltag sonst kennen.

Das tritt besonders in Retreats auf, bei denen die Teilnehmer*innen bewusst auf Ablenkungen und den Austausch untereinander verzichten. Damit Gefühle der Einsamkeit oder der Leere nicht zu einer existenziellen Bedrohung führen, und Veränderungen unserer Wahrnehmung nicht zu beängstigend wirken, kann sowohl unsere Körperwahrnehmung (die Wahrnehmung des körperlichen „Innen“ wie z.B. bei der Atmung) als auch unsere Vorstellungskraft als Halt dienen.

Zugleich können diese räumlichen Vorstellungen auch ein Gegenmittel gegen „narzisstische Gleitflüge“ bilden. Indem wir uns der körperlichen und der seelischen Realität bewusst werden und unser in der Welt sein beobachten, bleiben wir mit den begrenzenden Elementen unserer Existenz, den Körpergrenzen und den sozialen Grenzen in einem dynamischen Austausch.

Wir verlieren uns so nicht in der Glückseligkeit eines Verbundenheitserlebens oder verharren nicht darin, was uns an beglückenden Erweiterungen unseres Bewusstseins erscheint, sondern können es in seiner Unbeständigkeit wahrnehmen. Auch das gehört zur reifen Entwicklung unserer meditativen Fähigkeiten.

Und schließlich kann die Erdung und Verankerung im Körper im Kontakt zur Sitzfläche oder dem Boden bei der Sitz- wie der Gehmeditation eine ganz wesentliche Bezugsgröße bilden, mit der wir uns den weniger vertrauten Erfahrungen in der Meditation zuwenden können, ohne uns dadurch zu sehr verunsichert zu fühlen.

Einen besonderen narzisstischen Aspekt möchte ich hier noch erwähnen, der vor allem in Gruppenmeditationen unter der Leitung eines „berühmten Gurus“ oder mit einer als mächtig erlebten Bewegung schneller auftreten und zu persönlichen Schwierigkeiten führen kann. Wenn die Leiterin oder des Leiters ein besonderes Charisma hat, lädt das zur Projektion von kompensatorischen Größenbedürfnissen ein, die dem Ausgleich von Selbstwertstörungen dienen, aber eben auch zu besonderen Verstrickungen führen können.

Mit einer Befreiung im buddhistischen Sinne hat das meines Erachtens nichts mehr zu tun.

In Großgruppenmeditationen mit berühmten Gurus passiert das schneller als in kleinen, aufmerksam geführten Retreats mit Leiter*innen, die sich ihrer Verantwortung diesbezüglich bewusst sind, und sich mit ihrer Persönlichkeit als normaler Mensch nahbar und natürlich verhalten.

Dharma und Sangha als haltende Elemente in der Zuflucht buddhistischer Meditation

Nicht zuletzt sind es auch die ethischen und formalen Regeln und Prinzipien einer Tradition, die Halt geben können.

Im Buddhismus gibt es das Konzept der „Zuflucht zu den drei Juwelen“ als Grundorientierung ihrer Lehre. Diese drei werden Buddha, Dharma und Sangha genannt.

Kurz gesagt und weltlich übersetzt könnte das in etwa so lauten:

  1. Der Buddha war kein Gott. Ich trage in mir, was ich suche – das ist die Buddha-Natur in uns, die wir erforschen.
  2. Es gibt einen Weg, um das zu finden, zu erforschen und zu erlangen – den Weg des Dharma (der Lehren des Buddha).
  3. Ich muss diesen Weg nicht alleine gehen, es gibt Verbundenheit und Menschen, mit denen Ich lernen kann – Sangha (Gemeinschaft)

Die konzeptuelle Verankerung der Meditation bildet eine sichere Orientierung in ersten Erfahrungen, und eine Reflexion der eigenen Erlebnisse auf dem weiteren Weg im Licht der alten Weisheitslehre.

Ein leistungsorientierter Mensch verspürt auch in der Meditation einen Anspruch zur Perfektion, verbunden mit der Gefahr einer unreflektierten „Vertiefung“, ohne zu bedenken, dass jede Veränderung Zeit braucht.

In diesem Fall empfiehlt sich eher, eine Herangehensweise zu wählen, die ich in meinem letzten Newsletter als ​“Verweilen“​ beschrieben habe. Dabei fehlt jede bemühte Anstrengung, ein „richtig machen“. Der Vipassana-Lehrer Adriaan van Wagensveld nennt das „Herumlümmeln ohne einzupennen.“

Vom „Entweder – Oder“ zum „Sowohl als auch“

Abschließend möchte ich noch auf den besonderen Vorzug des „Mittleren Weges“ der Vipassana-Meditation bzw. des Buddhismus insgesamt verweisen, der sich als besonderes Mittel gegen narzisstische Krisen eignet.

Je besser es uns gelingt, vom „Entweder – Oder“ zwischen Einzigartigkeit oder Verbundenheit wegzukommen, desto offener können wir uns den bemerkenswerten Phänomenen zuwenden, die durch Meditationserfahrungen entstehen können.

Je weniger uns unsere Bedürftigkeit dazu verführt, an angenehmen Zuständen festzuhalten, und je weniger wir damit beschäftigt sein müssen, unangenehme Erfahrungen von uns fernzuhalten, desto stabiler können wir uns in Situationen verankert fühlen, in denen wir Unbekanntes erforschen und uns dadurch mit uns selbst, aber auch mit „der Welt“ vertraut machen.

Wenn wir dabei auf Schwierigkeiten stoßen, bei denen wir uns Unterstützung wünschen, und bei denen wir mit unserer Meditation auf der Stelle treten, kann Meditation auch den Wunsch und das Bedürfnis nach therapeutischer Arbeit entstehen lassen.

Was ein großer Vorteil davon ist: Meditation kann therapeutische Widerstände und Abwehrvorgänge lockern und verringern, so dass Menschen, die bereits über Meditationserfahrung verfügen, oft in besonderer Weise von therapeutischer Hilfe profitieren können.

Und jetzt: in die Praxis.

Mit herzlichem Gruß aus Wuppertal,
Sönke Behnsen

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