Was ist meine Bestimmung?

Es klingt nach einer pathetischen Frage, aber manchmal kommen solche Fragen ja „ungefragt“ auf, und dann sehen wir uns plötzlich mit Gedanken darüber konfrontiert, womit wir eigentlich unseren Tag verbringen möchten, was uns das Gefühl gibt, „ganz“ zu sein, „in unserem Leben“ zu sein oder bei jemand, etwas oder gar uns selbst „anzukommen“.

Gestern war so ein Tag, an dem mir diese Frage gleich in mehreren Behandlungsstunden mit meinen Patient*innen begegnet ist.

Auch in meiner Morgenmeditation und beim morgendlichen Schreiben konnte ich Aspekte davon erkennen, die mich jetzt darüber nachdenken lassen, warum es eigentlich so selten passiert, dass ich mich mit solchen Fragen im Alltag beschäftige. Sie bringen mich vom „Was“ und „Wie“ aktiven Handelns zum „Warum“, zur Intention, die hinter meinem Handeln steckt.

Ein Teil des Pathos, der die Frage begleiten mag, hängt damit zusammen, dass die leitende Vorstellung dabei mitunter ist, einer schicksalhaften, von etwas Höherem als uns selbst „bestimmten“ Voraussicht, und nicht einer bewusst und eigenständig getroffenen Wahl zu folgen.

Was ist meine Bestimmung – diese Frage ist nur eingeschränkt „alltagstauglich.“ Sie stoppt mich in der Alltagsroutine, lässt mich innehalten. Dann mache ich mir über Werte und Motive Gedanken.

Ich hoffe, dass mein Leben auch im Alltag eine gute Ausrichtung hat. Es ist mir wichtig, präsent zu sein, bedeutsame Dinge zu tun, in Erinnerung zu bleiben, etwas Sinnvolles zu tun, auch wenn es nicht immer diese Schwere haben muss, die ich in den Gesprächen mit meinen Patient*innen gestern gespürt habe.

Diese Schwere verwunderte mich dabei jedoch auch nicht. In jedem einzelnen Fall hatte der Gedanke entweder etwas mit der Begrenztheit des Lebens angesichts einer lebensbedrohlichen Erkrankung zu tun, oder mit Wendepunkten im Leben, bei denen die Bedeutsamkeit dieser Frage nicht so auffiel.

Eigentlich wünsche ich mir, dass mich diese Gedanken auch ohne eine solche unmittelbare Bedrohung bewegen. Womit möchte ich meinen Tag verbringen? Mit welchen Menschen, welchen Aufgaben? Was lässt mich die Verbindung zum Leben spüren? Was ist meine Herzensangelegenheit?

Eigentlich ist es das: Was lässt mich lebendig sein? Es ist schon krass, dass das gerade in Grenzmomenten und -erfahrungen viel spürbarer wird als im Alltag, in dem eigentlich viel mehr Spielraum für diese Fragen sein könnte, als wenn es ums Überleben geht.

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